Ausgangslage

Fast jeder hat eine Digitalkamera, mit der man munter drauf los knipst. Während die Technik der Kameras immer besser wird, wird das Thema Bildbearbeitung im allgemeinen und Farbkorrektur im speziellen sträflich vernachlässigt. Zu Unrecht, denn jeder könnte mehr aus seinen Bildern machen. Vor allem, wenn man seine Bilder veröffentlicht - zum Beispiel im WWW - sollte man zuvor Hand anlegen. Dazu ist nur ein kleines Grundwissen nötig, das sie in diesem Workshop erlernen werden.

Als Bildbearbeitungsprogramm wird in diesem Workshop The Gimp vorausgesetzt. Die Software ist kostenlos und sowohl für Windows als auch für Linux erhältlich.

Das Beispielbild

Wir kennen solche Situationen: Man ist unterwegs und findet sich auf einmal vor einem pittoresken Panorama wieder. Also holt man seine Digitalkamera aus der Tasche, um den Moment festzuhalten. Zuhause, wenn man das Ergebnis auf dem Computer betrachtet, ist die Enttäuschung oft groß: "Das sah doch in Wirklichkeit viel besser aus". Das ist fast immer so. In der Regel reicht ein Digitalbild, das frisch aus der Kamera kommt, nicht an den wirklichen optischen Eindruck heran. Aber wir können etwas nachhelfen.

Im konkreten Fall haben wir ein Bild eines Nebelmeers, das ich im Jahr 2005 fotografiert habe. So sieht das Bild aus, wenn es von der Kamera auf den Computer überspielt wird:

Das Ausgangsbild: Ein Nebelmeer

Das Bild ist trüb, flau und fad, der Himmel ist grau, der Nebel sah in Wirklichkeit viel plastischer aus. Das Bild gibt den erlebten optischen Eindruck nicht annähernd wieder. Also müssen wir etwas tun.

Wir starten unsere Software The Gimp und laden das Bild.

Der erste Schritt: Farbwerte anpassen

Zuallererst werden wir uns von einem Vorurteil befreien: Bildbearbeitung ist nicht schwierig. Glauben Sie keinem der vielen Experten, die etwas anderes behaupten. Man braucht lediglich etwas Grundwissen, zum Beispiel: Wie lese ich ein Histogramm?

Das Histogramm

Nachdem wir das Bild in Gimp geöffnet haben, rufen wir den Dialog "Werte" auf. Sie finden ihn im Menü "Werkzeuge/Farben/Werte". Wir finden uns vor folgendem Fenster wieder:

Das Histogramm

An diesem Fenster interessiert und vor allem eines: Der Graph in der oberen Hälfte mit dem Grau-Farbverlauf und den drei kleinen Dreiecken darunter. Der Graph stellt das sogenannte Histogramm des Bildes dar. Auf den ersten Blick nichtssagend, enthält das Histogramm doch viele wertvolle Informationen.

Das Histogramm enthält eine Basisinformation: Es sagt uns, wie häufig welche Helligkeitsstufen im Bild vorkommen. Dazu muß man den Graph des Histogramms unbedingt in Zusammenhand mit dem Grauverlauf sehen, der darunter angezeigt wird. Der Grauverlauf ist links schwarz und geht nach rechts in weiß über. Die Höhe der Graph-Kurve über einer bestimmten Graustufe sagt uns, ob diese Helligkeit im Bild oft, selten oder nie vorkommt.

Für unser Bild sagt das Histogramm also etwa folgendes aus: Die Kurve des Graphen hat zwei "Berge", einen an der linken Seite, die für sehr dunkle Farben nahe schwarz steht, und einen Berg etwa in der Mitte der Helligkeits-Skala. Und wir sehen noch etwas: Ganz rechts sind die Kurvenwerte bei Null, das heißt, daß kein Weiß und auch sonst keine sehr hellen Farben in unserem Bild vorhanden sind.

Das ist der Grund dafür, daß unser Bild flau und fad wirkt - hier müssen wir ansetzen.

Nun kommen die drei kleinen Dreiecke ins Spiel, die direkt unter dem Histogramm und dem dazugehörigen Grauverlauf zu finden sind. Wir interessieren und vorerst nur für das rechte Dreieck. Dieser Schieberegler sagt aus: Da, wo ich hinzeige, ist Weiß. Nun zeigt das Weiß-Dreick aber auf einen Punkt, an dem im Histogramm gar keine Bildpunkte vorhanden sind. Wir schaffen Abhilfe und schieben das rechte Dreieck mit der Maus nach links, und zwar genau bis zu jenem Punkt, an dem sich der erste "Berg" im Histogramm zu erheben beginnt. Danach bestätigen wir mit "OK".

Unser Bild vor und nach Schritt 1

Vor der Wertkorrektur

Nach der Wertkorrektur

Die Auswirkungen auf unser Nebelbild sind einigermaßen dramatisch. Nebel und Himmel sind heller geworden, das Bild hat plötzlich viel mehr Kontrast.

Wir könnten uns damit zufrieden geben und das Bild als fertig bearbeitet betrachten. Tatsächlich kann man fast alle Digitalbilder mithilfe der Wertkorrektur qualitativ erheblich verbessern. Doch jetzt wollen wir mehr - was könnten wir noch machen?

Das Hauptmotiv des Bildes ist zweifellos das Nebelmeer und der Himmel. Also sollte uns daran gelegen sein, die Aufmerksamkeit des Betrachters nicht durch andere Details abschweifen zu lassen. In unserem Bild sind zwei solche ablenkenden Details vorhanden - kaum sichtbar zwar, aber doch da. Ich spreche vom Wald im Vordergrund. Hier sind ganz dunkel die Reste einer Wiese und die Idee einer Straße erkennbar. Diese unnötigen Bildinformationen wollen wir loswerden.

Eine zweite Wertkorrektur

Wir machen das, indem wir erneut den Dialog "Werte" im Menü "Werkzeuge/Farben/Werte" öffnen.

Das Histogramm

Nun konzentrieren wir uns auf das linke Dreieck, das für "schwarz" steht. Es sagt folgendes aus: Da, wo ich hinzeige, ist schwarz. Alles, was links von mir ist, ist ebenfalls schwarz. Damit können wir unsere Straße und den Wiesenrest entfernen. Wir schieben das linke Dreieck nach rechts, bis wir den rechten Rand des linken Histogramm-Berges erreicht haben. Damit haben wir unserem Bild gesagt: Zeig alle sehr dunklen Farben als Schwarz an. Wir bestätigen mit "OK" und sehen und das neue Ergebnis an.

Unser Bild vor und nach Schritt 2

Nach der ersten Wertkorrektur

Nach der zweiten Wertkorrektur

Nach dieser zweiten Wertkorrektur ist unser Wald im Vordergrund rein schwarz und enthält keine ablenkenden Details mehr.

Wir könnten uns nun zufriedengeben, oder?

Könnten wir, machen wir aber nicht. Wir wollen versuchen, das Bild noch etwas dramatischer zu gestalten. Warum sollte es nicht besser aussehen als in Wirklichkeit?

Farbkurven

Zu diesem Zweck öffnen wir in Gimp den Dialog "Werkzeuge/Farben/Kurven".

Farbkurven

Der Kurvendialog zeigt im Hintergrund unser bekanntes Histogramm und weiters eine Linie, die diagonal von links unten nach rechts oben läuft. Diese Linie können Sie "biegen", indem Sie sie mit der Maus anfassen und leicht verschieben. Wir beeinflussen damit das Farb- und und Kontrastverhalten des Bildes. Versuchen sie vorerst, die Kurve so zu gestalten wie in der Abbildung.

Damit haben wir das Endresultat unserer Bildbearbeitung. Durch die leichte Abänderung der Farbkurven ist der Himmel noch kontrastreicher, der Nebel noch plastischer geworden. Auch die Berge am Horizont heben sich nun besser ab. Der Dunst bekommt eine unwirkliche, bläuliche Färbung.

Wir haben dieses Bild "gerettet".

Direktvergleich: Ausgangsbild und Endergebnis

Direktvergleich: Das Ausgangsbild

Direktvergleich: Das Endergebnis

Übrigens: Es gibt noch eine zweite Aufnahme, dasselbe Motiv bei besserem Wetter.

Kreativität kennt keine Grenzen

Experimentieren Sie mit dem Histogramm und den Farbkurven. Sie werden erstaunt sein, wie viel sich damit machen läßt. Oft gilt natürlich auch der Grundsatz "Weniger ist mehr". Sammeln Sie Erfahrung und entwickeln Sie ihren eigenen Stil in der Bildbearbeitung.

In eigener Sache

Ich hoffe, daß sie Freude an diesem kurzen Workshop hatten. Wenn sie mit Ihre Meinung zu diesem Inhalt mitteilen wollen, so können Sie dies sehr gern im Formular am Ende dieses Dokuments tun. Selbstverständlich freue ich mich auch über Zusendungen per E-Mail und versuche, alle Nachrichten zu beantworten. Sollte ich diesem Anspruch aus Zeitgründen nicht gerecht werden können, so bitte ich das zu entschuldigen.

Martin Dunst, 6.1.2007
Zuletzt geändert am 8.6.2015